Expedition GeForce

Ferien, Sonne, 35° und ein Tagestrip in den Holiday-Park. Diesmal kommen “die 3 Kleinen” mit. Der Größte der drei “Kleinen” hat sich morgens noch rasiert, in der Hoffnung, zum Kinderpreis in den Park zu kommen. Spätestens sein mitgereister Freund vereitelt diesen Plan jedoch dank seiner Körpergröße von mittlerweile 1,85 m, und einmal mehr habe ich das Gefühl, wir werden alt.

Im Park angekommen geht es auf Entdeckungstour. Nein, eigentlich nicht, denn die Jungs wissen genau, wo sie hinwollen: Expedition GeForce heißt das Ziel, zum Zeitpunkt ihrer Eröffnung die größte Achterbahn Europas. “Was für ein Gerät!”, schwärmen die Jungs, und die lauten Schreie der Mitfahrenden über uns scheinen ihnen Recht zu geben. In der Tat ist die GeForce ein riesiges Bauwerk:

Auf der Fläche von 6½ Fußballfeldern wurden 1.600 t Beton und 1.300 t Stahl verbaut. Alleine der Anstrich wiegt 38 Tonnen. Am höchsten Punkt erhebt sich die Bahn 53 m. Von dort aus werden die Wagen auf der 1,3 km langen Strecke auf phantastische 120 km/h beschleunigt. Die Insassen sind Beschleunigungen von atemberaubenden 4,5 G ausgesetzt. Das heißt, der eigene Körper wirkt kurzfristig viermal schwerer als er ist. Bei diesem Gedanken kriegt selbst das das dürrste GNT-Mager-Modell Angstschweiß auf der Stirn.

Vom Höhepunkt aus stürzen die Wagen in ihr maximales Gefälle von 82 Grad bei gleichzeitiger Verdrehung um 74 Grad. Zusammengenommen und multipliziert mit der Höchstgeschwindigkeit sind das 18.720 km-Grad-pro-Stunde komischer Bewegung und eine sinnbefreite Nerdzahl.

Richard Rodriquez fuhr auf dieser Strecke seinen Achterbahn-Marathon Weltrekord als er über 49 Tage 10 Stunden täglich achterbahnte. Jede Runde auf diesem Hochgeschwindigkeitserlebnis enthielt 7 Air Times. Das ist phänomenal, auch wenn ich nicht verstanden habe, was Air Times sind.

Die Baukosten beliefen sich bei der Errichtung im Jahr 2001 auf mehr als 20 Millionen. Damals waren das noch echte Mark und nicht etwa so Euros, die ständig mit Schirmen gerettet werden müssen! Wollte man ein solches Gerät heute nochmal bauen, würden alleine die nutzbringenden Aufwendungen zur Erreichung eines Bauantrages Summen dieser Größenordnung verschlingen. Wollte man die GeForce in Stuttgart bauen, müsste man sie vermutlich unter die Erde legen und das kostete dann Milliarden!

Die beiden Jungs waren jedenfalls begeistert und fuhren GeForce stundenlang, will sagen: Sie fuhren jeweils exakt 1 Minute 15 Sekunden und mussten dann wieder eine Stunde anstehen.

Übertrumpft und in den Schatten gestellt wurde die GeForce an dem Tag aber doch noch, und zwar von einer sensationell unangefochten Superlativ-Sommersensation des Parks, die unsere anderen Kinder stundenlang zu ununterbrochenen juchzenden Freudenschreien begeisterte!

Inmitten eines Platzes gebaut, zog sie Kinder aus allen Richtungen magisch an. Der Aufbau dieser phänomenalen Sensation ist ein weiteres Wunderwerk deutscher Ingenieurskunst: Die höchste Erhebung müsste man vermutlich in Millimetern angeben. Die Attraktion war ca. 20 Meter lang wie breit und flach wie eine Flunder. Alle zwei Meter waren Löcher im Boden, aus denen spritzten zufällig verteilte Wasserfontänen.

Binnen Sekunden waren unsere Kinder vollkommen durchnässt und danach nicht mehr zu stoppen. Den Rest des Tages gab es für die Kleinen kein Halten mehr, und sie lachten, juchzten und tobten ohne Unterlass. Ich wollte noch nachschauen, wie viel Beton, Stahl und Geld nötig war, um die Kinder so zu begeistern, aber anders als bei der GeForce gab es hierzu weder Infotafeln noch Wikipedia-Artikel, dafür aber mindestens genauso glückliche Kinder.

Kind 3 kann sich zwischenzeitlich übrigens noch für eine andere Attraktion begeistern: Der Rasen im Stadtpark kostet knapp weniger als Stuttgart 21. Auf dem springt der Sohn ca. 62 cm hoch (ohne Fahnenmast), und wenn er sauber abspringt, schafft er dabei ein Gefälle von 90 Grad bei gleichzeitiger Horizontal-Drehung von 360 Grad. Ich könnte das jetzt noch in Quadrat-Centi-pro-Grad-Meter umrechnen, aber ich glaube, ich schaue lieber noch etwas zu wie stolz mein Sohn strahlt, wenn er aus dem Stand einen Rückwärtssalto springt.